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Der Rautenmacher - Ausstellung und Buch 
2018: Heinz Weißflog, DNN, 21. Dezember, 'Büchers Best', Dresden

Das Cover des Buches ist schwarz, der Titel "Typotexte" in weißer Schrift, gespiegelt in eine Raute gefasst und darunter der Name des Autors: Jochen Stankowski. Der seit 1998 in Dresden lebende und arbeitende Schriftgestalter und geometrisch-konkrete Künstler gibt mit dem schlichten, im Verlag der Buchhandlung Walther König/Köln erschienen Buch das Fazit seines gestalterischen Lebenswerkes. Eine Ausstellung bei Büchers Best zeigt 16 von insgesamt 60 im Buch enthaltenden grafischen Entwürfen für die U4 (die letzte Umschlagseite) einer Buchreihe des seit 1970 wirkenden, links gerichteten Merve-Verlages in Berlin, dessen Konzept renommierte Autoren umfasst, die sich zu Kunst, Philosophie, Polititk, Soziologie, Ästhetik und Psychologie in ihren Essays kritisch äußern. Die bereits 454 erschienen Bücher zeichnen sich durch ihr schlichtes Äußeres und eine besondere Handlichkeit (im B6 Format) aus. Ihre Umschläge dominiert die Raute, die Stankowski für die Reihe entworfen hat. Auf der Vorderseite integriert er Titel und Verlagsname, die Rückseite bleibt einer originellen Bildlösung vorbehalten, die die Schrift eines im Buch enthaltenden Kernsatzes in ein grafisches Konstrukt einbindet oder umwandelt. Die jedem Buch eigene Einfarbigkeit verstärkt den Serien- und Wiedererkennungseffekt. Äußere Klarheit und Strenge machen jedes Buch zu einem besonderen haptischen Genuss, der den Leser für die jeweilige Lektüre aufschließt und in ihm Interesse zur geistigen Auseinandersetzung weckt.

In seinem vorangestellten Essay "Jochen Stankowskis Theoriedesign" konstatiert Philippe Felsch die stilbildene Rolle des Merve-Verlages und den originellen Beitrag, den der Schriftkünstler dabei spielt. Er erklärt den Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Medien: "Schrift und Bild sprechen Menschen unterschiedlich an: für das Bild sind Empfinden, Psyche, Emotion zuständig und für die Schrift Denken, Erinnerung oder Vernunft". In Stankowskis Sinn-Zeichen gehen Schrift und Bild zu etwas Drittem zusammen, vereinigen sich einer sprachlich-grafischen Geste, die für das Buch und dessen geistigem Inhalt gleichermaßen stellvertretend steht.

Das dem Bildteil nachgestellte Gespräch, das Christof Windgätter mit Jochen Stankowski führte, rückt den "Rauten-Macher" und dessen gestalterische Arbeit in den Mittelpunkt. Stankowski erzählt von den schwierigen Anfängen als Schriftgestalter und seiner Lehre als Akzidenzsetzer in einer der führenden Adressen für Künstler in der Region um Stuttgart, der Dr. Cantz´schen Druckerei, sowie die nachfolgende Arbeit im Atelier seines Onkels Anton Stankowski, dem später berühmten Gestalter und Künstler, bei dem er nach Zivildienst und Studium in London Juniorchef und Teilhaber der Firma wurde. Dabei kam ihm die konstruktivistische Denkweise des Onkels zugute, der selbst Anhänger von El Lissitzky, Alexander Rodtschenko und Kurt Schwitters war.

Neben der gestalterischen Arbeit hat Stankowski bei ihm auch "den Willen zur freien Arbeit gelernt", die in Phasen der Freiheit den Umgang mit dem Material schult. "Ohne dieses Zusammenspiel gibt es für mich kein gutes Design und deshalb kann ich auch die immer noch aktuelle Trennung von freier und angewandter Kunst nicht nachvollziehen" (J.S.). Über einen gemeinsamen Freund lernte Stankowski den Mitbegründer des Merve-Verlages, Peter Gente kennen. Dabei entwickelte er die für die Reihe typische Raute, die an ein aufgeschlagenes Buch erinnern soll. Seine Arbeit bezieht sich bis heute vorwiegend auf die Umschlaggestaltung. Für den Buchrücken hat er auch eine Punkte-bzw. Quadrat-und Dreiecksreihe geschaffen, damit man in den Regalen die richtige Reihenfoge der Bände erkennen kann. In der aktuellen Ausstellung bei Büchers Best sind 16 grafische Entwürfe zu sehen, die Stankowski für den Merve-Verlag erfunden hat und im Buch enthalten sind, darunter das einprägsame Schriftkonstrukt von zwei gegenläufigen Satzteilen im Merve-Buch 349 (mit Texten von Alain Badiou, marxistischer Philosoph, der an Pariser Universitäten lehrte): "Wir können es, also müssen wir es".

Büchers Best, Dresden-Neustadt, Luisenstraße 37

"Typotexte" Jochen Stankowski 
Verlag der Buchhandlung Walther König/Köln
Preis 15 Euro, bestellen: info(a)atelier-stankowski.de

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